METALLICA - KIRK HAMMETT INTERVIEW

Der Gitarrist von Metallica entpuppt sich hier als ambitionierter Koch und angehender Politiker, der zudem seine Probleme mit dem weiblichen Geschlecht hat. Ein äußerst höflicher Mann, wie Hanno Kress herausgefunden hat.

Kirk Hammett performing live with Metallica at O2 in London, 15 September 2008 © Kreepin Deth
Kirk Hammett 2008 © Kreepin Deth
Wo bist du aufgewachsen?
"Ich wurde in San Francisco geboren und wuchs in einer Nachbarschaft namens The Mission District auf. Das war 'ne ziemlich üble Gegend mit einer hohen Kriminalitätsrate. Heute leben dort viele Menschen aus Mittel- und Südamerika."

Wo möchtest du am liebsten leben?
"Ich liebe die Bay Area und kann mir nicht vorstellen, woanders meine Zelte aufzuschlagen. Wahrscheinlich sterbe ich auch dort. Barcelona in Spanien wäre nicht der schlechteste Ort... Eine große Villa auf Hawaii würde ich auch nicht abschlagen. Am liebsten bleibe ich aber in meinen eigenen vier Wänden, die nicht gerade unkomfortabel sind."

Welche Mahlzeit kannst du zubereiten, oder bist du eine Niete hinter dem Herd?
"Ich bin nicht der schlechteste Koch. Das kommt wahrscheinlich daher, weil mein Vater diesen Beruf ausgeübt hat. Am liebsten bereite ich mir ein Nudelgericht zu und schmeiße noch ein paar vegetarische Zutaten in den Topf. Ich liebe es, zu improvisieren und mit verschiedenen Geschmacksrichtungen zu experimentieren. Was fällt mir noch ein... Suppen und fleischloses Chili finde ich auch nicht schlecht. Manchmal koche ich für meine Freunde. Wenn wir auf Tournee sind, bestellen wir meist was Eßbares von außerhalb. Mit den Cateringfirmen haben wir nur Ärger gehabt."

Hast du ein Idol?
"Jimi Hendrix gehört zu meinen größten musikalischen Vorbildern, und da wäre noch Chat Baker, ein Jazzmusiker, der ein langes, mühevolles Leben hatte - mit vielen Höhen und Tiefen. Außerdem verehre ich die Photographin Diane Arvis. Sie provozierte mit ihren Bildern und experimentierte mit ihrem Filmmaterial, wie es vor ihr noch nie jemand versucht hatte. Anfang der siebziger Jahre nahm sie sich das Leben."

Was würdest du bei der Erziehung deiner Kinder anders machen als deine Eltern?
"Ich würde immer für sie ansprechbar sein wollen. Mein Vater hat viel zu wenig Zeit mit mir verbracht. Trotzdem verlangte er immer das Äußerste von mir. Er übte richtigen Psychoterror auf mich aus. Für mich war es aber schlicht unmöglich, ihm alles recht zu machen. Das Verhälnis zu meinen Herrschaften ist seither gestört, und wir sprechen kaum miteinander."

Hast du Angst vor starken Männern?
"Nein. Viele meiner engsten Freunde sind sehr stark - natürlich im mentalen Sinne, nicht im körperlichen. Sie haben keine Probleme mit dem Mannsein - genausowenig wie ich übrigens."

Hast du Angst vor starken Frauen?
"Im Gegenteil. Ich bewundere solche Frauen. Die meisten meiner Freundinnen haben ihren eigenen Kopf und vertreten ihre Meinungen sehr überzeugend. Frauen, für die nur ihr Äußeres zählt, interessieren mich nicht. Überhaupt verkehre ich ausschließlich am liebsten mit Menschen, die sehr offen, sehr liberal und tolerant sind. Machos haben da keine Chance."

Praktizierst du Safer Sex?
"Immer. Ich glaube fest an diese Verhütungs- und Schutzmethode. Viele Männer aus meinem Freundes- und Bekanntenkreis haben Aids oder sind bereits an dieser schrecklichen Krankheit gestorben. Ich lebe mit Leuten zusammen, die HIV-positiv sind, was für mich persönlich nicht ganz einfach ist, weil sie mir sehr nahe stehen. Mich macht es total fertig, zu wissen, daß sie nicht mehr lange leben werden und daß ich durch meinen Beruf als Musiker nicht immer für sie da sein kann."

Engagierst du dich dann in einer Organisation?
"Ja, bei einem Projekt namens Metallica. Im Ernst, ich würde mich gerne stärker in eine politische oder gesellschaftliche Gruppe einbringen. Wahrscheinlich werde ich künftig wieder mehr für die Initiative Rock To Vote machen. Dadurch sollen gerade junge Leute, die nicht als WählerInnen registriert sind, dazu motiviert werden, das nachzuholen und dann tatsächlich zu wählen. Für die anstehenden Präsidentschaftswahl ist das sehr wichtig. Ich bin für die Demokraten und gebe Bill Clinton meine Stimme."

Für welches öffentliche Amt würdest du kandidieren?
"Ich hätte nichts dagegen, eine Karriere als Senator einzuschlagen. Um tatsächlich etwas bewegen zu können, mußt du allerdings nicht Bürgermeister, Senator oder Präsident sein, sondern am höchsten Gerichtshof der USA arbeiten. Wenn ich keinen Bock mehr auf das Musikgeschäft habe, dann werde ich den Schritt in Richtung Politik ernsthafter in Betracht ziehen. Allerdings dauert das noch ein wenig."

Hast du schon einmal einen Manager gefeuert, weil er sich mehr als 20 Prozent von deiner Kohle gegriffen hat?
"Nein. Wir waren bis jetzt immer mit unserem Manager zufrieden und vertrauen ihm auch."

Hast du dich als Kind regelmäßig auf dem Schulhof geprügelt, oder gehörst du eher zur Fraktion mit Bügelkante und sauberen Fingernägeln?
"Nun ja. Ich wurde immer wieder in Schlägereien verwickelt. Außerhalb des Schulhofs zog es mich eher zu Kids, die schon mal Ärger mit der Polizei hatten. Das fand ich aufregender. In unserer Nachbarschaft tauchten immer wieder Kinder und Jugendliche auf, denen meine Nase nicht gepaßt hat, und das hieß Haue. Das war unvermeidlich. Die Kämpfe habe ich stets allein ausgetragen, da mußte sich niemand für mich blutig schlagen lassen. Ich war damals wohl ziemlich wütend und habe erst später gelernt, meinen Ärger anders zu kompensieren als durch körperliche Gewalt."

Wann hast du zum ersten Mal ein Auto zu Schrott gefahren?
"Mit 18 Jahren, als ich auf dem Weg zu Burger King war, um dort zu arbeiten. Plötzlich tauchte eine 89jährige Dame vor mir mit ihrem Wagen auf und drängelte sich vor mich. Ich konnte nur noch in die Eisen steigen, aber nicht mehr ausweichen. Uns beiden ist nichts passiert, aber ich war ziemlich sauer. Sie meinte nur, sie habe ihre Brille zu Hause vergessen."

Was hältst du für deine schlechteste Angewohnheit?
"Neben dem Saufen? Ich kann nur sehr schlecht mit meinen Freundinnen Schluß machen. Oh, ich verhalte mich wirklich ziemlich dämlich, wenn es darum geht, eine Beziehung zu beenden."

Wann und wo hast du den schlechtesten Gig deines Lebens gespielt?
"Schwer zu sagen, weil wir so viele gute Konzerte gespielt haben. Einmal habe ich ein lustiges Shirt und eine dazu überhaupt nicht passende Hose angezogen. So wie sich extreme Hippies kleiden. Fällt schwer, sich wie ein Rock-Gott zu fühlen, wenn du so angezogen bist. Jason wollte mit mir um 1.000 Dollar wetten, daß ich mich nicht traue, so auf die Bühne zu gehen. Das ließ ich mir nicht zweimal sagen. Allerdings kam ich mir dermaßen beschissen vor, daß ich vor Scham am liebsten im Bühnenboden versunken wäre. Deswegen habe ich ziemlich schlecht gespielt."

Welche musikalischen Stilrichtungen magst du überhaupt nicht?
"Polka und Trendmucke. Ich mag dieses sogenannte Alternativzeug nicht, weil es keine wirkliche Alternative bietet. Klingt alles wie schon einmal dagewesen. Meist spielen diese Bands auch sehr schlecht."

Welches Instrument klingt in deinen Ohren am fürchterlichsten und sollte daher verboten werden?
"Das Xylophon."

Beschreib mal den übelsten Proberaum, in dem du je deine Klamotten stehen hattest.
"Einmal mußten wir in Dänemark vor einer Tournee proben. Um drei Uhr morgens. Wir konnten allerdings keinen geeigneten Raum finden, also nahmen wir das Büro des Veranstalters in Beschlag."

Wie hättest du Kurt Cobain vor dem Selbstmord gerettet?
"Ich hätte erstmal alle Waffen weggesperrt. Dann hätte ich ihn zum Fischen mitgenommen, mich mit ihm eingehend unterhalten und ihm 100.000 Gründe gegeben, weiterzuleben. Ich gehe vor allem zum Fischen, wenn ich zu viele alkoholische Getränke zu mir genommen habe. Ob ich ein Alkoholiker bin? Frag mich nochmal nach sechs Monaten, wenn wir auf Tournee sind. Dann gebe ich dir eine eindeutigere Antwort."

Was singst du in der Badewanne oder unter der Dusche?
"Oasis. Was sonst? Songs wie 'Supernova' oder 'Back In Anger' trällert doch jeder beim Waschen."

Was würdest du ändern, wenn du Programmdirektor bei MTV werden könntest?
"Sie sollten endlich diese blöden Magazin-Shows wie Single-Out, The Grind oder MTV-Danceparty rausschmeißen, die nichts mit Musik zu tun haben. Erinnert euch an das M in eurem Namen! Spielt mehr Musik!"

Wie würdest du reagieren, wenn Lemmy Kilmister neben dir am Tresen lautstark ein großes Glas Milch bestellt?
"Ich würde ihm einfach raten, doch etwas Gin reinzuschütten. Das würde er sicherlich versuchen."

Du bist ohne Geld, Papiere und Sprachkenntnisse in einer fremden Stadt auf einem fremden Kontinent gestrandet. Was würdest du tun, um zu überleben?
"Ganz klar würde ich mich mit einer Gitarre an eine Straßenecke stellen und etwas zum besten geben. Vor einer Fotosession waren James und ich ziemlich betrunken, und ich hatte eine Gitarre dabei. Wir setzten uns auf die Bordsteinkante und öffneten den Klampfenkoffer. Ich fing an zu spielen, und James begann zu singen. Ich glaube, wir haben 'Alone Again' gespielt. Das haben The Damned und UFO mal gecovert. Insgesamt haben wir sechs Cents eingenommen."

Wie würdest du einem Außerirdischen die Vorzüge der Erde schmackhaft machen?
"Sucht euch eine Frau oder einen Mann und praktiziert Safer Sex. Wenn sie das schon kennen, würde ich ihnen sagen: Hey, geht in eine Bar, bestellt euch einen Gin-Tonic und pafft eine Zigarre."

Welcher Sound sollte auf deiner Beerdigung laufen, und wie möchtest du bestattet werden?
"Natürlich ein Rock'n'Roll-Stück: 'Sweat Leaf' von Black Sabbath. Darin heißt es: "Would you like to see the Pope at the end of the rope. Do you think he's a fool..." (singt ziemlich schräg) Ich weiß nicht warum, aber bereits vor 20 Jahren stand dieser Song für mein Begräbnis fest. Als Alternative könnte ich mir auch was Klassisches von Debussy wie 'Das blonde Mädchen' vorstellen. Meine Überreste sollen dann unter einem Obstbaum eingebuddelt werden."

Mit wem würdest du auf keinen Fall in die Sauna gehen?
"Lemmy Kilmister, obwohl ich ihn verehre. Aber ein gemeinsamer Sauna-Aufenthalt würde mich einige Überwindung kosten."

Hanno Kress (Rockhard 111)

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