METALLICA - LARS ULRICH INTERVIEW

Das wurde aber auch Zeit: Nicht wenige Fans, die erst seit einigen Jahren mit dem Material der vielleicht wichtigsten Metal-Band der Achtziger vertraut sind, warten schon seit längerem auf den Re-Release der kultigen "The $ 5.98 E.P. - Garage Days Re-Revisited"-Scheibe aus dem Jahre '87, die seit einer halben Ewigkeit vergriffen ist. Und die Ex-Thrasher haben sich nicht lumpen lassen: "Garage Inc." ist eine wunderbare Doppel-CD geworden, die nicht nur besagtes 80er-Dokument, sondern auch sämtliche B-Seiten-Covertunes und elf brandneue Metallinterpretationen beinhaltet.

Lars Ulrich 1996
Lars Ulrich 1996
Drum-Legende und Wasserfall-Redner Lars Ulrich klärt auf:
"Eigentlich hatten wir die Idee zu diesem Album schon vor langer Zeit, und wir wußten, daß wir irgendwann damit beginnen würden. Die "Garage Days..."-EP ist schließlich nicht mehr erhältlich, seit sie eine Million Mal über die Ladentheke gewandert ist. Ich glaube, daß ich in den letzten fünf Jahren keine Frage häufiger gehört habe als die, wann wir den Kram denn wiederveröffentlichen werden. Auch die ganzen enthaltenen B-Seiten sind entweder nicht mehr erhältlich oder waren es - zumindest in den USA - noch nie. Irgendwann im letzten Jahr haben wir gemerkt, daß wir seit Killing Time und So What keine Coversongs mehr aufgenommen haben. Also dachten wir uns, daß es nach den letzten drei Alben, für die wir viel Zeit benötigten, Spaß machen würde, noch mal ein paar Tunes einzuhämmern. Schließlich ist diese Seite ein Teil von uns, der schon immer existiert hat."

Wobei die Frage erlaubt sein muß, ob METALLICA ebendiese Seite lediglich als Spaßding sehen oder ob es um mehr geht. Wollt ihr euren (jungen) Fans zeigen, wo ihr herkommt und was eure Einflüsse sind?

"Das ist eher zweitrangig, wenn auch ein Teil der Idee. Der Spaß überwiegt. Deshalb haben wir auch die neuen Tracks eingespielt: Wir wollten diesen Spirit noch einmal erleben. Als wir im Sommer begannen, Ideen für "Garage Inc." zu sammeln, hat es sofort "klick" gemacht. Ich habe zigmal meine Plattensammlung durchgeschaut, und wir fingen an, Ideen auszutauschen. Dieser Prozeß hat wahnsinnig Spaß gemacht, zumal wir mittlerweile niemandem mehr etwas beweisen müssen. Dieses Gefühl gibt es - im Vergleich zu früher - nicht mehr. Wir haben heutzutage die verdammte Freiheit, nur noch das zu tun, was wir wollen. Aber es stimmt schon: Wir haben viele neue Fans, die überhaupt nicht wissen, wer Mercyful Fate oder Sweet Savage sind. Das war ein schöner Nebeneffekt..."

Aber war es nicht unheimlich hart, eine Songauswahl zu treffen?
"Das Schwerste war, ein Ende zu finden, haha! Wir wollten ursprünglich nur fünf, sechs neue Songs aufnehmen, aber irgendwann waren es dann elf. Wir haben Tapes ausgetauscht und den Kram im Flugzeug oder besoffen um fünf Uhr morgens in irgendwelchen Hotels gehört. Das war einfach großartig. Wir haben ja schließlich Erfahrung mit Coversongs, insofern wissen wir sehr genau, welche Tracks bei METALLICA funktionieren. Zum Beispiel kam die Idee, den Misfits-Song zu covern, sehr spontan. Kirk und James wollten unbedingt einen Track der Jungs aufnehmen. Die, Die My Darling war der erste Songtitel, den James in die Runde warf, und auch wenn wir uns bestimmt zwei Dutzend Misfits-Tracks anhörten, haben wir uns schlußendlich für diesen entschieden."

Auf jeden Fall 'ne prima Wahl...

"Ja, haha! Wir haben vor einigen Wochen einen kleinen Gig bei einer Privat-Party von Hugh Heffner, dem Playboy-Gründer und -Herausgeber, gespielt, bei der auch viele Hollywood-Stars anwesend waren. Wir starteten mit dem Misfits-Cover, das ja mit "Die, die..." anfängt. Die ganzen Leutchen waren doch reichlich geschockt und guckten etwas seltsam aus der Wäsche. Ein großartiger Moment, haha..."

Schaut man sich die Tracklist der neuen Songs an, fällt allerdings auf, daß lediglich Sabbra Cadabra von Black Sabbath und das Mercyful Fate-Medley Metal-Cover im engen Sinne sind, während der Rest aus anderen musikalischen Bereichen stammt. Würdest du sagen, daß dies auch eine Art Statement ist, das den Leuten zeigen soll, daß METALLICA mittlerweile mehr als "nur" eine Metal-Band sind?
"Wir haben in der Vergangenheit so viele Metal-Songs gecovert. Die meisten stammten aus der NWOBHM, und wir kopierten sie immer Note für Note. Das war uns diesmal zu limitiert. Wir wollten den ausgewählten Songs dazu verhelfen, sich in einem anderen musikalischen Gewand zu präsentieren. Wir nahmen einen Song als Basis und veränderten ihn. Das war einfach abenteuerlicher. Aber sicherlich hat sich auch unser Geschmack verändert. Es hätte natürlich wieder Spaß gemacht, Songs von den Tygers Of Pan Tang, Jaguar oder Venom zu covern, aber es hätte nicht mehr das repräsentiert, was uns ausmacht. Es war für uns die größte Herausforderung, zu zeigen, daß wir nicht nur hartes Material interpretieren können, sondern auch imstande sind, andere Tracks zu einem METALLICA-Stück umzubauen. Es ist toll zu hören, wie einfach es für James war, auf der einen Seite King Diamond oder Sean Harris von Diamond Head, auf der anderen Seite aber auch Bob Seger oder Nick Cave zu interpretieren."

Hat die Wahl des Bob Seger-Stücks etwas mit den einfühlsamen Lyrics zu tun, die sich mit dem Leben on the road auseinandersetzen?
"Ja, schon. Ehrlich gesagt bin ich gar kein großer Bob Seger-Fan, aber dieser Song ist für ihn auch nicht besonders repräsentativ. Turn The Page läuft in den Staaten andauernd bei irgendwelchen Classic Rock-Stationen, genauso wie die Eagles oder so 'ne Scheiße. Ich kenne das Lied schon seit Jahren. Irgendwann habe ich den Song dann auf eine andere Art gehört als die hundert Male davor, und ich hatte das Gefühl, daß James diesen Track sehr gut singen könnte, zumal es ein typischer Vocal-Song ist. Und James konnte sich wirklich gut mit den Lyrics identifizieren."

Ebenso verwunderlich finde ich die Wahl des Thin Lizzy-Covers. Whiskey In The Jar ist nicht gerade repräsentativ für Lynott & Co...
"Genau deshalb haben wir den Track auch ausgewählt. Wir waren schon immer sehr große Lizzy-Fans, und es wäre naheliegend gewesen, z.B. Cold Sweat, The Boys Are Back In Town oder Bad Reputation zu covern. Ich kannte von den frühen Lizzy-Sachen eigentlich immer nur The Rocker, den mir mein Vater mal als Single aus Amerika mitgebracht hatte, als ich noch ein Kind war. Als ich die alten Sachen aber intensiver hörte, war ich überwältigt, zumal sie viele irische Einflüsse besitzen. Wir haben Whiskey In The Jar in verschiedenen Versionen ausprobiert: als Ballade, als Country-Song, als Metal-Track... Letztendlich haben wir den Song dann so gelassen, wie er jetzt auf dem Album ist. Es gab auch eine noch härtere Version, während die jetzige in meinen Augen so'n gewisses Social Distortion-Flair versprüht."

Themawechsel: Neuesten Gerüchten zufolge ist das kommende METALLICA-Studio-Album für das Jahr 2000 geplant. Hast du schon irgendeine Ahnung, wie das Teil klingen wird?
"Nein, absolut nicht. Ich denke, daß "Garage Inc." das Ende der jetzigen Ära ist, die mit dem Schwarzen Album begonnen hat. Es wird wieder an der Zeit sein, einiges zu verändern. Ich weiß noch nicht einmal, ob wir wieder mit Bob Rock arbeiten werden. Gestern hat mich jemand gefragt, ob das Album wieder "back to the roots" gehen oder wie das Schwarze Album klingen wird. Aber warum sollte es nur diese beiden Möglichkeiten geben? Ich hoffe, daß es wieder etwas komplett anderes werden wird."

Woher bezieht ihr neue Inspirationen? Oder anders gefragt: Was hältst du von der momentanen Rock-Szene?
"Was ist die "Rock-Szene" überhaupt? Jason könnte das sicherlich besser beantworten, da er wohl jede harte Band der Welt kennt. Ich mag z.B. die Art, wie Marilyn Manson die Leute provoziert und wie er sich gibt, aber musikalisch ist er nicht mein Ding. Ich verstehe, daß Bands wie Korn oder Fear Factory der nächste Schritt sind, aber es macht mir keinen Spaß, diesen Kram zu hören, da er mir zu mechanisch klingt. Ich stehe eher auf Sachen wie Soundgarden oder Jerry Cantrell. Offspring finde ich auch ganz cool, obwohl ich keine Platten von ihnen besitze. Wir haben in San Francisco ein paar gute Radiostationen, die ich im Auto häufiger einschalte, wenn ich von meiner AC/DC-CD gelangweilt bin, haha!"

Was bedeuten dir METALLICA noch?
"METALLICA sind ein wichtiger Teil meines Lebens, aber nicht alles. Ich habe einen süßen Sohn und eine wunderbare Frau. Je älter ich werde, desto mehr interessiere ich mich für Dinge außerhalb der Musik. Ich verbringe einen Teil meines Lebens mit METALLICA, aber nicht mehr mit Musik im allgemeinen. Es hat noch nie mehr Spaß als heute gemacht, ein Mitglied von METALLICA zu sein. Wir streiten nicht mehr soviel, und ich habe morgens nicht mehr das Gefühl, daß ich den Tag damit verbringen muß, für das zu kämpfen, an das ich glaube. Wir müssen nicht mehr dem Erfolg und der Akzeptanz hinterherjagen, und das ist großartig."

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