Genre:
Undefinierbar; Avantgarde-Mathgrind; jazziges Gummizellengeknüppel
Länge
66:04 min
Tracklist:
1. The Pig Keepers Daughter 2. 2 3. Scissor Fuck Paper Doll 4. Whore Meet Liar 5. Insects 6. Imogen´s Puzzle pt.2 7. Play Some Skynyrd 8. Kill Us 9. Siobhan´s Song 10. Happy Valentine´s Day 11. Our Puzzling Encounters Considered
Anspieltipps:
Alles oder Nichts (Je nach Verträglickeit)
Zu empfehlen für Fans von:
Cephalic Carnage, Dillinger Escape Plan, Ion Dissonance, Converge, anstrengender Musik, Lärm & Krach
Review:
Vorweg: Wer schon Bands wie Dillinger Escape Plan oder Meshuggah anstrengend findet sollte von dieser Scheibe tunlichst die Finger lassen! PsyOpus klingen wie DEP auf Speed mit noch viel mehr Wahnsinn im Gepäck.
Meine erste Bekanntschaft mit PsyOpus machte ich vor ca zweieinhalb Jahren, also zur Veröffentlichung dieses Albums. Früher gab es mal beim lokalen Radiosender hier jeden Montag Abend ein Sendung die nur Metal spielte. Der Moderator bezeichnete das Album als das "Kränkste, was wir hier seit langer langer Zeit hatten". Natürlich wurde ich da hellhörig und konnte es kaum erwarten endlich was zu hören. Ich konnte es nicht fassen, was Sekunden später da aus den Boxen kam. Dazu muss ich sagen, dass ich damals schon Meshuggah und Konsorten hörte. Aber sowas? Das war nicht mit Worten zu beschreiben. Sowas hatte ich noch nie vorher gehört. Als das Lied vorbei war musste ich das Gehörte erst mal verarbeiten. Die nächsten zwei/drei Wochen wurden wieder Songs von dem Album gespielt und jedesmal hat es mich mehr fasziniert. Beim ersten Mal fühlte ich mich regelrecht erschlagen und konnte diesem Chaos nicht viel abgewinnen (obwohl es faszinierend war was die Herren demonstrierten). Bald darauf kaufte ich mir das Album und wurde nicht enttäuscht....
So dieser kleine Exkurs musste jetzt einfach sein. Zurück zu "Our Puzzling Encounters Considered ". Der Titel sagts ja schon aus. Es ist ein Puzzle. Und zwar ein Puzzle aus Musik. Quasi Avantgarde meets Mathcore meets Grind meets Jazz. Oder so ähnlich. Dieses Puzzle wird (auf den ersten Blick) hunderte Male auseinandergenommen und (anscheinend) willkürlich wieder zusammengesetzt. Konventionelle Songstrukturen sucht man hier vergeblich. Das, was die New Yorker hier zelebrieren, ist technisch wohl ein Meisterwerk, denn sie schaffen es, ihre sicken Breaks wirklich präzise in den Soundmix einzubauen, dass es eine Freude ist, ihnen dabei zuzuhören. Das Quartett hat das musikalische Chaos demnach (meistens) voll und ganz im Griff und man kommt sich teilweise vor, als hätte man sich sämtliche auf dem Markt verfügbaren Drogen auf einmal eingeworfen. Wer tendenziell psychisch labil ist, sollte alles andere tun, als sich dieses Album anzuhören, da das schreckliche Folgen haben könnte.
Mit "The Pig Keepers Daughter" und "2" zeigen PsyOpus gleich wo der Hammer hängt und demonstrieren einerseits den totalen Wahnsinn als auch ihre beeindruckenden musikalischen Fähigkeiten. Doch danach geht es erst richtig los, "Scissor Fuck Paper Doll" ist die Definition von Ausflippen und Zerstörungswut. Sicherlich bluten live bei diesem Track die Nasen. "Insects" klingt als würde ein Schwarm Killerbienen den Hörer heimsuchen und ihn erst jagen und dann ohne Gnade zustechen. "Kill Us" mit seinem neoklassisch anmutendem Zwischenteil, "Happy Valentine´s Day" und "Whore Meet Liar" lassen den Hörer dann endgültig dem Wahnsinn verfallen. Als wäre das nicht schon genug, gibt es noch hämisch lachendes Frauen- und Babygeplärre obendrauf.
Aber PsyOpus haben weit mehr drauf als ohne Pause wie die Wahnsinnigen das (scheinbar) totale Chaos zu vertonen. Das Quartett glänzt mit "Imogen´s Puzzle pt.2" und "Siobhan´s Song", bei denen es progressiv und teils sogar sehr ruhig zugeht. Bei "Imogen´s Puzzle pt.2" ist jedoch noch ein wenig Metal und Grind versteckt, allerdings so dezent, dass der Song dennoch vergleichsweise beruhigend wirkt. "Siobhan´s Song" hingegen besteht nur aus Gitarrenspielereien, aber nicht gnadenlos verfrickelt, sondern sphärisch und schön, sehr beruhigend, und mit Sicherheit eine der entspanntesten und träumerischsten Nummern, die ich je gehört habe. Völlig untypisch im Vergleich zum Rest von dem Album. Aber seien wir mal ehrlich: Was ist bei PsyOpus schon normal?
Zum Ende kommen New Yorker mit einem Hidden Track an, der schwer an den Nerven des Hörers zehrt: 20 Minuten lang hört man das sich ständig wiederholende Wort “Annoying” ,das als Loop wiederholt wird. Das zeigt zudem die herrliche Selbstironie dieses Krachhaufens. Zu finden ist sie auch in den Texten der Band. Beispiel gefällig? Auszug aus dem Lied "Play Some Skynyrd": Hands over ears, I am more than annoyed. Ten songs. Forty fucking breakdowns. Who the fuck handed you that guitar? Einfach grandios.
Übersteht man diese zermürbenden 20 Minuten (ich hab das bisher erst einmal geschafft ohne vorzuspulen) gibt es noch einen höchst unterhaltsamen, gejammten Song zu hören, über den jede Menge sinnloses Proberaumgequatsche liegt. Das ist zwar nicht unbedingt von Nöten, aber es schließt dieses einzigartige Album perfekt ab: Mit Wahnsinn.
Wer vorher noch bei Sinnen war, wird sich spätestens nach "Our Puzzling Encounters Considered" fragen, wo eigentlich die Grenze zwischen Genialität und Wahnsinn liegt. Definitiv nichts für den Durchschnitts Metaller.
Keine Frage, ein gutes und in höchstem Maße beeindruckendes Album. Zeitweise wird der Chaos Faktor aber doch etwas überstrapaziert. Noch dazu sehe ich für diese Band noch gewaltig Luft nach oben. PsyOpus haben mit diesem Album ihr ganzes Potential definitv noch nicht ausgereizt. Das Nachfolgealbum "Odd Senses" deutet bereits an, zu welchen Großtaten die Band in Zukunft noch in der Lage ist, sofern sie beisammen bleiben. Hierauf schaffen sie es den Wahnsinn besser zu kanalisieren und in nachvollziehbarere Bahnen zu lenken (natürlich ist das Album noch immer schwer verdaulich). Nichtsdestotrotz ist "Our Puzzling Encounters Considered" ein Pflichtkauf für Krachfetischisten!
7,5/10 Punkte
Bandhomepage + Hörproben