So, ein Thread über die fieseste Filmepoche aller Zeiten: die italienischen Horror/Splatter/Gore-Werke der späten 70er und 80er. Ein Haufen misantropischer Italiener schaffte es damals, die gesamte Welt mit ihren vor Blut und Gedärmen triefenden Machwerke zu schockieren. Filme, wie "Cannibal Holocaust", "City Of The Dead", "Cannibal Ferox", "Das Haus an der Friedhofsmauer", "Über dem Jenseits" "Zombie 1 bis soundso", "Profondo Rosso" und co lösten hitzige Debatten über Gewalt im Kino aus und führte nicht nur in Deutschland, sondern auch in den Gewaltstreifen gegenüber grundsätzlich gelasseneren USA und Großbritannien zu Verboten, die erst in den letzten Jahren wieder teilweise aufgehoben wurden. Viele dieser Filme sind eigentlich absoluter Schund, aber einige der Filme haben auch einige sehr prominente Fans gewonnen. So setzte sich Quentin Tarantino höchstpersönlich für eine Wiederveröffentlichung des Lucio Fulci-Klassikers "The Beyond" (In Deutschland: Über dem Jenseits oder in dumm "Geisterstadt der Zombies") ein.
Was diese Filme eigentlich immer auszeichnete war: die Leistung des Regisseur schwankte immer wieder zwischen Genialität und Dilletantismus, die Darsteller waren schlecht und typisch italienisch (Frau = hohle Frucht, entweder blond oder grosse Hupen, Mann = taffer Sonnyboy), alle Filmcharaktere benahmen sich ausgesprochen dämlich, die Gewalt in den Filmen war höchst kreativ und immer total over the top (manchmal denkt man sich: "nein, der wird doch wohl jetzt nicht wirklich DAS machen" und dann kommt's sogar noch schlimmer), die Musik war cool, und alles in allem waren die Filme recht unterhaltsam.
Fangen wir also mit den ersten Werke an:
1.Über dem Jenseits (Alternativ: "Geisterstadt der Zombies", engl: The Beyond/Seven Doors Of Hell)
Regie: Lucio Fulci
Land/Jahr: Italien 1981
Darsteller: Catriona MacColl, David Warbeck, Cinzia Monreale,
Antoine Saint-John
Trailer: http://www.youtube.com/watch?v=U17MM05yYw4
Bewertungen:
imdb: 6.9/10
allmovie: 3/5
Story:
Im Louisiana im Jahre 1927 wohnte ein Maler namens Schweick in einem Hotel, dass nicht zufällig über einem der sieben Tore in die Hölle stand. Dort betrieb er schwarze Magie, bis die Bewohner der naheliegenden Stadt sich eines Nachts aufmachten, um diesen Magier an die Wand zu nageln und mit Ätzkalk abzumurksen.
51 Jahre später kommt allerdings eine Frau auf die Idee, das leerstehende Hotel zu kaufen und zu renovieren. Dummerweise ist der immer noch recht mitgenommen aussehende Schweick gar nicht erpicht von dieser Idee.
Meine Meinung: sicher einer der besten Filme dieses Genres, und auch einer, der HAARGENAU das zeigt, was ich oben als Merkmale beschrieben habe. Logik gibt es hier nicht, der Regisseur schafft es in der Tat den Film gruselig, düster, beklemmend und verstörend zu gestalten. Natürlich ist aber auch einiges an unfreiwilliger Komik dabei, jedoch weit verstreuter, als in so manchen anderen Machwerken dieser Art. Und nicht zuletzt hat sich Fulci für jeden Charakter einen ganz besonderen Tod einfallen lassen. Das Ende ist wirklich furios. Zombie-Ballerei im Krankenhaus, und der die vorherige Stunde über so souveräne Hauptdatsller offenbart sich als gnadenloser Vollidiot. Sehr zu empfehlen.
2.City Of The Living Dead (Dumm-deutsch: "Ein Zombie hing am Glockenseil")
Regie: Lucio Fulci
Land/Jahr: Italien 1983
Darsteller: Christopher George, Catriona MacColl, Carlo De Mejo
Trailer: http://www.youtube.com/watch?v=lePV9pOOqPA ( )
Bewertungen:
imdb: 6.2/10
allmovie: 2/5
Story: Laut einer Prophezeiung kehren die Toten im Städchen Dunwich auf die Erde zurück, wenn ein Pfarrer Selbstmord begeht. Als das geschieht, geht's los. Zuerst bricht eine Reihe von übernatürlichen Phänomenen über die Einwohner herein, bis dann eine Armee von Zombies über die Stadt hereinbricht, die von jedem unseeligen Pfarrer angeführt wird.
Meinung: Dieser Film ist als Horrofilm sicher schwächer, als sein Vorgänger "Über dem Jenseits". Zwar gibt es hier auch einige wirklich großartig umgesetzte Szenen (die "Lebendig begraben"-Szene), aber im Großen und Ganzen gleicht der Film eher einem Pornofilm, nur eben mit Splatter statt Sex. Aber gerade in Sachen vollkommen überzogenes Abschlachten erreicht Fulcis Fantasie und Zügellosigkeit einen Höhepunkt. Einige Szenen sind legendär. So zum Beispiel ist es in diesem Film äusserst gefährlich, den Zombie-Pfaffen zu lange anzugucken. Macht man dies nämlich, fangen erste die Augen an zu bluten, und als nächstes kotzt man seine eigenen Innereien aus (ophne Scheiss!). Auch sehr legendär die Szene, wo ein selbstjustiz übender Bürger einem vermeintlichen Mörder mit dem Kopf in einen Bohrer drückt. Aber vor allem gegen Ende verliert der Film viel an Atmosphäre und alle Zombie-Szenen sind eigentlich schlecht umgesetzt, das Ende ziemlich abrupt und ohne irgendwelche Rafinesse- Aber ich will ja nicht zuviel verraten.
Zitat: Große Popularität gewann der Film durch die 1984 ausgestrahlte, legendäre ZDF-Sendung „Papa, Mama, Zombie“, wo eine Lehrerin einigen Eltern ausgerechnet diesen Film vorspielt: „Diese sind hinterher bestürzt, einige hielten sich die Hände vors Gesicht, eine Frau muß laut ihren eigenen Aussagen beinahe kotzen und ein Mann schaut nur dumm daher und will die Nacht nicht ohne Alkohol ins Bett.“ (Andreas Bethmann, ÜBER DEM JENSEITS – DIE FILME DES LUCIO FULCI) In Deutschland wurde der Film zur Lieblings-Hasszielscheibe von Zensoren und Tittenwächtern, man hätte ihn auch EIN STAATSANWALT HING AM GLOCKENSEIL nennen sollen.
http://www.schlechtergeschmack.net/mambo/content/view/179/
3. Cannibal Holocaust
Regie: Ruggiero Deodato
Land/Jahr: Italien/Kolumbien 1979
Darsteller: Robert Kerman, Francesca Ciardi, Perry Pirkanen, Luca Barbaresch
Trailer: http://www.youtube.com/watch?v=0lstW3H5fN8
Bewerungen:
imdb: 6.1/10
allmovie: 2/5
Story: Irgendwann hat sich mal ein Haufen berühmt-berüchtigter Dokumentarfilmer in den kolumbianischen Urwald begeben, um Kanibalen zu filmen. Sie kamen jedoch nie zurück. Das Fernsehstudio beauftragt einen Anthropologie-Professor, sich auf ihre Spuren zu begeben. Professor kommt auch an einem Stück wieder zurück, mitsamt der von der verschollenen Crew aufgenommenen Filmen.
Meinung: Gibt es einen Film, der es wert ist, dass man vor ihm warnt? Ja. Hier das einizge mir bekannte Werl. "Cannibal Holocaust" ist wohl der kontroverseste Film dieser Epoche. Der Film ist nicht nur ausgesprochen brutal, er ist nicht nur absolut hemmungslos sadistisch, er ist vor allem furchterregend realistisch. "Blair Witch Projekt" galt als geniales Werk ob der Idee des Blickwinkels der Opfer durch eine Handkamera. Allerdings ist der Urheber hier anscheinend Deodato, denn was mit der Crew im Urwald passierte, erfährt man nur durch deren eigenes Filmmaterial. Der Regisseur schreckt hier vor nichts zurück. Menschen werden gefressen, vergewaltigt, gepfählt, kastriert. Auch Tiere werden hier getötet, und das ist einer der Hauptkritikpunkte, denn hier ist das Töten echt. Die Rechtfertigung des Regisseurs war, dass diese Tiere ohnehin gegessen werden sollten und man lediglich ihre "Schlachtung" auf Film bannte. Die diversen Gewaltakte gegen Menschen sind zwar gespielt, ihre Darstellung aber teilweise so realistisch, dass dieser Film sogar in den Verdacht gereit, ein "Snuff"-Film zu sein, dh. dass das Töten echt wäre. Für mich ist der Film dennoch ein Meisterwerk. Gewalt hin oder her, die Story, in der die Handlungen eingebettet sind, ist grossartig und handwerklich perfekt umgesetzt. Der Regisseur fühlte sich hier missverstanden. Für ihm war sein Werk eine Parabel auf die Sensationsgeilheit, Voyeurismus und Arroganz unserer Gesellschaft. Für andere war der Film einfach nur pure Misantropie.